Das EU-Parlament bestätigte zuletzt den Vorschlag einer Veränderung der TFR (Geldtransferverordnung). Nun äußert sich auch das deutsche Bundesfinanzministerium und lehnt die Forderung nach übertriebener Überwachung ab – jedenfalls partiell.

TFR: Eine Gefahr für die Kryptowelt?

Die im Englischen als Transfer of Funds bekannte Verordnung legt Regeln im Umgang bei der Versendung von Geldern fest. Diese Maßnahmen weitete die EU zuletzt deutlich aus, indem man auch Kryptowährungen in das Gesetz integrierte.

Fortan sollte also nicht nur der Transfer von Fiatgeld, sondern auch der von Bitcoin und Co. überwacht werden. Kryptowährungen möchte man sogar besonders strengen Regeln unterziehen.

Die Veränderung der geltenden Geldtransferverordnung geschieht, nachdem die Arbeitsgruppe für finanzielle Maßnahmen gegen Geldwäsche (FATF) einen neuen Standard entwickelte.

Dieser Standard trägt den Namen Travel Rule (Reiseregel). Er sieht vor, Kryptowährungen strenger Überwachung zu unterziehen. Das selbsterklärte Ziel der Kontrolle ist die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

Marcus Pleyer, Präsident der FATF, forderte die G20 gezielt auf, den neuen Standard schnellstens zu implementieren. Bei einem Treffen mit den Finanzministern und Direktoren der Zentralbanken der G20 sagte er:

Ich fordere die G20-Länder auf, die FATF-Standards, einschließlich der Travel Rule, so schnell wie möglich umzusetzen.

Die aktuell fehlende Überwachung sei ein riesiges Problem, das es zu lösen gelte. Später fährt er fort:

Denn wir müssen dieses Problem lösen, niemand sonst wird es tun, und wir müssen es jetzt lösen!

Krypto-Überwachung durch Travel Rule wird zum Problem

Die durch die Travel Rule angedachte Überwachung von – wie die FATF ausdrückt – virtuellen Wertanlagen führe jedoch zu Problemen seitens der Behörden, so stellte Pleyer in der Unterredung fest.

Eine kürzlich durchgeführte Überprüfung hat gezeigt, dass es Schwierigkeiten bei der Umsetzung der so genannten Travel Rule gibt, die sicherstellt, dass Daten darüber ausgetauscht werden, wer einen virtuellen Vermögenswert sendet und empfängt.

In einem Bericht vom Juli 2021 kritisiert die FATF viele Staaten, die sich zur Einführung der Travel Rule bereit erklärt hatten. Demnach sei es von 128 Staaten, welche Informationen zur Gesetzeslage teilten, nur 58 Jurisdiktionen gelungen, die Arbeit am geforderten Gesetz zu beginnen.

70 Staaten waren zum damaligen Zeitpunkt noch immer tatenlos. Da mehr als 200 Staaten ihre Verpflichtung zur Einführung von FATF-Standards bekundeten, ist die mögliche Dunkelziffer groß.

Verschiedene Staaten setzten die Forderung besonders streng um – etwa die Schweiz, Hongkong oder Singapur. Krypto-Börsen in diesen Jurisdiktionen benötigen eine Lizenz, welche die Umsetzung der Travel Rule erzwingt.

Kryptowertetransferverordnung: die Travel Rule in Deutschland

Im Hinblick auf die Travel Rule zählt Deutschland zu den schnellsten Adoptanten. Bereits im September verabschiedete man die nationale Umsetzung des Standards, die am 1. Oktober 2021 in Kraft trat.

Im vollen Wortlaut trägt das deutsche Gesetz den Namen Verordnung über verstärkte Sorgfaltspflichten bei dem Transfer von Kryptowerten (KryptoWTransferV).

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Im Vergleich zur EU-weiten Lösung mit der Bezeichnung TFR wurde die nationale deutsche Lösung in der Krypto-Szene nicht im gleichen Ausmaß als ein Angriff verstanden. Das liegt hauptsächlich an zwei verschiedenen Elementen.

  1. Die TFR ist deutlich strikter.
  2. Der KryptoWTransferV mangelt es an Umsetzung.

Die KryptoWTransferV fordert die Sammlung und Speicherung von Daten über Sender und Empfänger von Kryptowährungen. Werden Kryptos von einem zum nächsten Kryptodienstleister gesendet, müssen diese parallel zum Geld auch die personenbezogenen Daten übermitteln.

Sollte am Ende der Transaktion eine selbstverwaltete Wallet stehen, dann muss

Ein Verpflichteter sicherstellen, dass Angaben zum Begünstigten [Empfänger] oder Auftraggeber einer Übertragung erhoben werden.

Die Bitkom machte als Verband der Informationsbranche auf die Schwächen dieser Bestimmung aufmerksam. Das Ziel der Erfassung jedes Nutzers ist in der Kryptowelt nicht realistisch – eine Tatsache, welche von Behörden auch in diesem Fall ignoriert wird.

Zwar muss auf Krypto-Börsen in vielen Fällen eine Identifizierung im Rahmen des KYC erfolgen, verwendet der Nutzer jedoch eine selbstverwaltete Wallet, wendet sich das Blatt.

Die Ermittlung und Identifizierung des Besitzers von diesen „Unhosted Wallets“ ist dabei praktisch nicht leistbar.

Schreibt Bitkom und fasst zusammen:

Die fehlende Möglichkeit, Besitzer zu identifizieren wird praktisch dazu führen, dass deutsche Kryptowertedienstleister entweder ganz von diesen Übertragungen absehen müssen oder unverhältnismäßig hohe und kostspielige, aber trotzdem unsichere Prüfungen durchführen müssten.

Aufgrund der schwerwiegenden Probleme bei ihrer technischen Umsetzung kommt die Kryptowertetransferverordnung bis heute nicht im vorgesehenen Ausmaß zur Anwendung.

Bundesfinanzministerium lehnt TFR ab

Neben der Bundesrepublik arbeitet auch die EU an einer eigenen Umsetzung der Travel Rule. Die TFR übertrifft alle bisherigen Versionen in ihrem Ausmaß um Welten.

Neben der Sammlung von Daten fordert sie auch eine Identifizierung selbstverwalteter Wallets – auch als Non Custodial oder Unhosted Wallets bezeichnet.

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Empfängt der Nutzer einer Krypto-Börse eine Sendung von umgerechnet 1.000 Euro oder mehr, muss der Dienstleister die zuständigen Behörden alarmieren.

Da die Identifizierung der selbstverwalteten Wallets unmachbar ist, würden Kryptodienstleister im Falle einer Umsetzung höchstwahrscheinlich dazu gezwungen, Interaktionen mit diesen komplett zu unterbinden. Das kommt einem Verbot gleich.

Einerseits könnte man die Kryptowelt zumindest teilweise stark einschränken. Besonders hart würde diese Maßnahme jedoch die europäische Kryptobranche treffen, die ihre Attraktivität gegenüber ausländischen Konkurrenten deutlich verlieren würde.

Nutzer würden also einfach zu Wettbewerbern wechseln, welche ein angemessenes Angebot liefern können. Dieser Tatsache ist sich unterdessen auch das Bundesfinanzministerium im Klaren.

In einem Schreiben vom 31. Mai erteilt das Ministerium dem Abgeordneten Frank Schäffler Auskunft über seine Haltung bezüglich der TFR. Dort heißt es:

Den von Ihnen angesprochenen Forderungen des Europäischen Parlaments steht die Bundesregierung kritisch gegenüber und hat sich dementsprechend im Rahmen der Verhandlungen positioniert.

Weiter fährt man fort:

Die Bedenken gegenüber den Forderungen des Europäischen Parlaments werden auch durch eine beachtliche Welle an Stellungnahmen der entsprechenden Industrie unterstützt.

Wolle man die TFR dennoch auf Biegen und Brechen durchsetzen, so erreiche man das genaue Gegenteil des eigentlichen Ziels, wie das Ministerium darlegt, da

Hohe regulatorische Hürden eine Ausweichbewegung in die umfassende Anonymität auslösen.

Verfasser der Auskunft ist Florian Toncar, parlamentarischer Staatssekretär.

Bild: A.Savin, WikiCommons

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