1. Nike, du hast mich bei der Gründung der WOM3N.dao als Rechtsanwältin beraten – eng an unserer Seite, gemeinsam mit dem Team der Q-Blockchain. Was hast du aus der Umsetzung dieses Projekts gelernt? Fachlich, aber vielleicht auch persönlich?
Die Arbeit mit der Q Blockchain war das erste Mal, dass ich mit einem Team zusammengearbeitet habe, das seine eigene Blockchain entwickelt hat. Es war spannend zu sehen, wie es funktioniert, ein dezentrales Team zu koordinieren, bei dem man viele der Beteiligten nie persönlich trifft. Besonders prägend war für mich persönlich, zum ersten Mal meinen eigenen Node zu betreiben und Governance-Prozesse direkt on-chain umzusetzen – das hat mir nochmal ein komplett neues Verständnis der Technologie gegeben.
2. Wie bist du selbst zum Thema Web3 und Blockchain gekommen – und was hat dich juristisch daran gereizt?
Ich habe mich mit Bitcoin - wie die meisten wahrscheinlich - zuallererst als Investment-Asset beschäftigt, bin dann aber sehr schnell mit der “Orange Pill” infiziert worden und bin wochenlang in die unendlichen Tiefen der Cypherpunk-Mailingliste eingetaucht.
Rechtlich sind mehrere Dinge super interessant, zum einen, wie man Blockchain selbst nutzen kann, um Recht in eine digitale Form zu bringen. Genau das hat mich auch an der Q Blockchain mit ihrem Motto Beyond Code Is Law so fasziniert.
Zum anderen wurde es dann für mich beruflich ganz konkret interessant, und zwar 2021/2022 mit dem “DeFi-Summer” und dem großen NFT-Hype. Da ich von Haus aus Urheberrechtlerin bin, wurde ich überhäuft mit Anfragen von NFT-Projekten, Projekten, die Musikrechte tokenisieren wollten etc. - was mich dann dazu bewogen hat, aufs Ganze zu gehen, meinen Job bei der GEMA aufzugeben und mich mit meiner eigenen Kanzlei selbstständig zu machen, mit Fokus auf neue Technologien.
3. Welche rechtlichen Fragen tauchen immer wieder auf, wenn du mit DAOs oder Web3-Projekten arbeitest?
Ganz häufig handelt es sich dabei um Startups oder Projekte, die ganz am Anfang stehen. Die ersten Fragen sind immer die klassischen: Was genau macht ihr eigentlich, wo steht ihr und wo soll es hingehen? Habt ihr vor, Investorengelder einzusammeln oder (auch) über Token zu fundraisen? Non-profit oder for-profit, denn DAO ist nicht gleich DAO?

Und dann geht es um die konkreten “web3-spezifischen” Fragen: Wie sieht die Governance aus, wozu dient euer Token? Wo soll das Projekt gegründet werden, und wer darf überhaupt teilnehmen oder investieren? Ganz häufig kommt heute natürlich auch noch der Einsatz von KI in allen möglichen Facetten dazu.
Diese Grundlagen bilden die Basis fast jeder Beratung in diesem Bereich, die ich oft gemeinsam mit spezialisierten Kollegen anbiete.
4. Gibt es aktuell überhaupt eine saubere rechtliche Grundlage für DAOs in Deutschland oder Europa – oder bewegen wir uns noch in Grauzonen?
Wir bewegen uns in Deutschland und Europa größtenteils noch in rechtlichen Grauzonen. Es gibt eine relativ umfassende “Krypto-Regulierung”, u.a. durch MiCAR, aber eine klare, einheitliche Grundlage für DAOs selbst fehlt bislang. Wer heute eine DAO gründet, muss die bestehenden Rechtsformen in Deutschland kreativ anwenden und dabei Kompromisse eingehen, was natürlich Unsicherheiten und eine gewisse Frustration mit sich bringen kann. In anderen Ländern, wie z.B. der Schweiz, ist man da schon weiter.
5. Wie erklärst du jemandem mit wenig juristischem Hintergrund, warum Regulatorik im Web3 wichtig ist – ohne den Innovationsgeist zu bremsen?
Regulierung ist immer ein zweischneidiges Schwert, gerade wenn es um neue Technologien geht. Gute Regulierung schafft Klarheit und Rechtssicherheit. Schlechte Regulierung hingegen kann ganz schnell ein Innovationskiller werden, was gerade für Startups problematisch ist - nämlich dann, wenn sie lebensfremd, lückenhaft oder bürokratisch überbordend (und damit schlicht zu teuer) ist.
Lesetipps unserer Redaktion:
- MiCAR in Europa: Das musst du zur Krypto-Verordnung wissen
- Krypto-Börsen mit Regulierung: Sichere Börsen im Vergleich
Unternehmen wollen ja ihr Unternehmen voranbringen, ob im Web3 oder nicht, und natürlich möglichst wenig durch Regulierung ausgebremst werden. Teil des Erfolgs ist es aber immer auch, von Anfang an rechtlich sauber aufgestellt zu sein, um spätere Risiken zu minimieren. Gerade beim Fundraising zahlt sich das aus, weil Vertrauen und Sicherheit eine große Rolle spielen - egal ob das nun Wagniskapitalgeber sind oder DAO-Mitglieder, die die Token kaufen. Daher ist es wichtig, die Branche gut zu verstehen, um sicher, aber auch pragmatisch beraten zu können.
6. Wie sieht dein Alltag aus, dein Job? Hast du im täglichen Leben Berührungspunkte mit Bitcoin?
Die Selbstständigkeit gibt mir viel Flexibilität, aber der Austausch mit Kollegen hat mir oft gefehlt. Daher habe ich mein eigenes Netzwerk mit tollen Kollegen und Kolleginnen aus der ganzen Welt aufgebaut - von Deutschland über Belgien, Großbritannien, Venezuela, Brasilien, USA bis nach Nigeria.
Ich beschäftige mich viel mit der Geschichte des Geldes und dem globalen Finanzsystem - und dabei führt fast jeder Weg zu Bitcoin. Aktuell arbeite ich an einem eigenen kleinen Projekt, das sich mit Geld, seiner Wirkung und speziell der finanziellen Eigenverantwortung von Frauen befasst, die leider oft Berührungsängste haben, wenn es ums Investieren geht. Bitcoin ist dabei ein zentrales Thema, das mich auch im Alltag begleitet.
7. Wie würdest du dich aus der Perspektive deiner besten Freund:innen beschreiben? Wer bist du, wenn du nicht arbeitest?
Ich bin sehr neugierig, offen, lerne ständig Neues und bin gerne da, wo das Wetter tropisch und das Essen gut ist – deshalb habe ich, gemeinsam mit meinem Partner, in den letzten drei Jahren viel Zeit in Südostasien verbracht. Für mich ist Freiheit und Abwechslung sehr wichtig, um die Welt aus verschiedenen Blickwinkeln kennenzulernen, um neue Chancen zu erkennen. Auf dieser Seite der Welt liegt meiner Meinung nach auch die Zukunft: tolle Menschen, sicher, sauber, bezahlbar und voller Möglichkeiten.
“Inspirierend” ist ein Wort, das ich tatsächlich oft höre, wenn ich meine Geschichte erzähle - weil viele sich gar nicht trauen, darüber nachzudenken, einen anderen als den vermeintlich sicheren beruflichen Weg zu gehen, gerade in Deutschland sind viele erstaunt, dass man Dinge auch einfach mal machen kann. Man muss sich nur trauen. Viele Bedenken sind am Ende nur im eigenen Kopf. Und zurück kann man ja eigentlich immer.
8. Was bedeutet Mut für dich persönlich? Warst du mutig, als du in die Krypto-Welt eingetaucht bist?
Mut ist für mich, wenn man’s trotzdem macht. Trotz Risiken und einer guten Portion Angst, die ja immer dabei ist, wenn man etwas Neues ausprobiert. Einen sicheren Job (und tolle Kolleg:innen!) nach über 10 Jahren zu verlassen und in die Selbstständigkeit zu starten, war sicherlich ein riesengroßer Schritt, der viel Mut erfordert hat.
Die Krypto-Welt ist extrem vielfältig und kann ziemlich chaotisch wirken, man muss sich da erstmal seinen eigenen Weg und seine Schwerpunkte suchen – oft muss man sich selbst zur Mentorin machen.
Genau das habe ich gemacht und mich super viel mit der Technologie und der Philosophie hinter Bitcoin beschäftigt und möchte auch andere Frauen dazu ermutigen, sich mit dem Thema zu befassen. Es ist nicht so komplex und schwierig, wie man denkt. Je mehr Wissen man hat, desto mehr Verantwortung kann man für seine finanziellen Entscheidungen und damit auch für sein Leben übernehmen. Und das können Frauen noch viel öfter tun. Man muss nur den Mut aufbringen, einfach mal anzufangen. Es ist alles nicht so schwierig, aber den ersten Schritt zu gehen, erfordert immer am allermeisten Mut.
9. Erzähl uns deine größte F*ck-up-Story.
So ne richtige F*uck-up-Story hab ich nicht. Wenn ich allerdings mit 17 mehr Klavier geübt und die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule durchgezogen hätte, wäre ich jetzt ziemlich sicher Opernsängerin. Wie viele juristische Kolleg:innen bin auch ich eine gescheiterte Musikerin. Die Liebe zur Musik, zur Oper und zur Bühne bleibt aber fürs Leben.
10. Was würdest du jemandem raten, der oder die heute in Bitcoin einsteigen will – aber nicht weiß, wo anfangen?
Ich würde raten: einfach anfangen, auch mit kleinen Beträgen wie 5 oder 10 Euro. Das Wichtigste ist, erste Erfahrungen zu sammeln und die Hemmschwelle zu überwinden. Es gibt einige deutsche Plattformen, über die man ganz einfach anfangen kann. Man lernt am meisten, indem man es einfach macht. Und alles gut dokumentieren fürs Finanzamt, damit es hinterher keine Probleme gibt.
Und wer erst ein bisschen mehr zum Thema wissen will, darf sich gerne auf die Warteliste setzen für meinen Kurs, den ich nebenher gerade plane (“Mystery Money”) - ich erkläre in kurzen Videos alles Wissenswerte rund ums Geld, wie Frauen ihr Mindset zum Thema Geld neu definieren können und natürlich auch, was es mit Bitcoin auf sich hat.
Trinkst du eigentlich Matcha und wo gibt es den Besten in deiner Stadt? Alternativ auch Lieblingscafé.
Der Geheimtipp für Matcha ist von einer Freundin, die lange in Japan gelebt hat: das kleine japanische Café Letcha an der Münchner Freiheit. Matcha ist persönlich allerdings null mein Ding, ehrlich gesagt - Avocado Coffee ist mein Favorit momentan.
Zum Abschluss bitten wir dich noch um drei Empfehlungen:
- Buch: Lyn Alden “Broken Money”:
→ https://www.lynalden.com/broken-money - Balaji Srinivasan:
→ https://balajis.com/ - Für Frauen, die sich mit dem Thema Investment auseinandersetzen wollen, kann ich das Female Investors Network empfehlen:
→ https://female-investors.network/
Dr. Nike Schmidt ist Rechtsanwältin in München. Sie ist Inhaberin der Kanzlei web3andlaw und berät sowohl im Urheberrecht als auch im Technologie-Bereich mit Fokus auf KI- und Blockchain-Anwendungen.
- Website: https://web3andlaw.com
- Email: [email protected]
- LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/nikeschmidt/