• Neuer Bericht offenbart, wie schlecht es um die Zukunft des Solana-Ökosystems bestellt sein könnte.
  • Viele der starken Zahlen, die Solana in verschiedensten Metriken vorweisen kann, scheinen massiv geschönt und auch strukturell gibt es enorme Kritikpunkte.
  • Wash-Trading und Rug-Pulls dominieren das Ökosystem, Netzwerkausfälle und Fragen über die Dezentralisierung häufen sich - Ist die Layer1-Blockchain unter diesen Voraussetzungen zukunftsfähig?

Vernichtender Report - Wie steht es um das Solana-Netzwerk?

Ein neuer Bericht wirft ernste Fragen über die wahre Gesundheit des Solana-Ökosystems auf. Entsprechend der tiefgreifenden Analyse von Flip Research (englisch) könnte der kometenhafte Aufstieg der Layer1-Lösung auf einem wackeligen Fundament stehen. Sind all die Top-Werte in Metriken wie TVL, Nutzeraktivität und Transaktionsvolumen nicht mehr als Schall und Rauch?

Das Urteil ist vernichtend. So legen die Entdeckungen von Flip Research nahe, dass bis zu 93 Prozent der Handelsaktivitäten von Solana nicht organisch sind, sondern durch Wash-Trading, Rug-Pulls und ausbeuterische MEV-Praktiken angetrieben werden können.

Obwohl Solana behauptet, Ethereum in Bezug auf die täglich aktiven Nutzer und das Transaktionsvolumen zu übertreffen, enthüllt die Untersuchung eine dunklere Realität mit aufgeblähten Zahlen, Betrügereien und einem Ökosystem, das auf lange Sicht nicht tragfähig sein könnte.

Im Mittelpunkt der Analyse steht eine verblüffende Diskrepanz in der Nutzeraktivität.

Während Solana sich mit 1,3 Millionen täglich aktiven Nutzern rühmt, sind es bei Ethereum nur 376.300, doch vor allem die Transaktionsmuster geben Anlass zur Sorge:

»Am Freitag, dem 26. Juli, hatte ETH 1,1 Mio. Transaktionen (Txs.) im Vergleich zu 376,3k täglich aktiven Nutzern (DAUs), was ungefähr 2,92 täglichen Transaktionen pro Nutzer entspricht. SOL hingegen hatte 282,2 Mio. Txs vs. 1,3 Mio. DAUs, also 217 tägliche Transaktionen pro Nutzer«, schreibt Flip Research.

Solana Fake-Metriken, Quelle: X/@Big Pey

Diese Anomalie veranlasste den Analysten, tiefer zu graben und einen beunruhigenden Trend von Wash-Trading und Rug-Pulls auf Solana-basierten dezentralen Börsen (DEXs) aufzudecken.

»In den letzten 24 Stunden gab es auf den Standard-LPs von Raydium über 50 Rugs mit einem Volumen von mehr als 2,5 Mio. $, die insgesamt mehr als 200 Mio. $ Volumen und über 500.000 $ an Gebühren generierten«, heißt es in dem Bericht vom 30. Juli 2024.

Es ist allgemein kein Geheimnis, dass insbesondere in der Welt der Venture Capitalists (VCs) gerne mit geschönten Zahlen gearbeitet wird. Das vorgefundene Ausmaß bei Solana gibt jedoch Anlass zur Sorge.

Neben aufgeblähten Metriken auch strukturelle Probleme

Neben den besorgniserregenden Zahlen bezüglich Nutzeraktivität und Tradingvolumen hebt Flip Research weitere Bedenken, wie die Dynamik des Miner Extractable Value (MEV) hervor:

Im Gegensatz zu Ethereum hat die einzigartige Struktur von Solana ein Umfeld geschaffen, in dem »die überwiegende Mehrheit der gehandelten Token extrem hochvolatile, wenig liquide Meme-Coins sind, bei denen die Händler oft Slippages von >10% festlegen, um ihre Trades erfolgreich auszuführen.«

Diese Situation hat zu einer erheblichen Wertabschöpfung von Kleinanlegern geführt, während die Validatoren (Miner) des Netzwerks von der hohen Handelsaktivität durch Bots profitieren, indem sie einen Anteil der Tradinggebühren einstreichen.

In diesem Zusammenhang ist auch die Struktur der Solana-Validatoren bemerkenswert. So wies der Cardano Stakepool-Betreiber Stake with Pride in einem X-Post (englisch) darauf hin, dass 90 Prozent von ihnen direkte Abhängigkeit von der Solana-Foundation zeigen:

»90 Prozent der Solana-Validatoren werden unbefristiet von der Solana-Foundation subventioniert. Das ist kein "Bootstrapping". Sie werden per KYC (Know Your Customer) überprüft und müssen Regeln befolgen. Ist das Dezentralisierung?«

Weiter zeigte sich in der jüngsten Vergangenheit sehr deutlich, was mit Validatoren geschieht, die sich den Regeln nicht beugen. Sobald sie die Unterstützung der Solana-Foundation verloren, sanken die Staking-Anteile vieler betroffener Validatoren um über 99 Prozent.

Massive Einbußen bei Solana-Validatoren, Quelle: X/@StakeWithPride
Massive Einbußen bei Solana-Validatoren, Quelle: X/@StakeWithPride

Damit noch nicht genug. Zuletzt unterstreicht der Report von Flip Research einige grundlegende Probleme des Solana-Netzwerkes und hebt neben »schlechter Stabilität, mit zahlreichen Ausfällen« und »hohe Raten fehlgeschlagener Transaktionen« die »Unlesbarkeit des Explorers« hervor.

Genau diese Unlesbarkeit des Explorers erschwert es Retail-Investoren und unabhängigen Analysten enorm, ein repräsentatives Set an glaubwürdigen Metriken über das Solana-Netzwerk zu gewinnen.

Kann Solana unter diesen Voraussetzungen eine Zukunft haben?

Die abschließenden Worte der Analyse fallen entsprechend der aufgedeckten Missstände vernichtend aus. So schreibt Flip Research:

»Sobald die Nutzer von den ständigen Verlusten ermüdet sind, werden viele dieser Kennzahlen schnell zusammenbrechen. [...] Letztendlich bin ich der Meinung, dass SOL aus fundamentaler Sicht überbewertet ist, und während die derzeitige Stimmung und das Momentum kurzfristig durchaus zu Kurssteigerungen führen können, ist das längerfristige Bild weitaus unsicherer.«

All diesen Widrigkeiten zum Trotz ist und bleibt Solana eine Blockchain mit großer und steigender Anhängerschaft. Der Wahrheitsgehalt der Metriken lässt sich schwer überprüfen, so wird es weiterhin sowohl Übertreibungen als auch Untertreibungen geben. Passenderweise versieht Flip Research seine Analyse mit dem Disclaimer:

»Viele der oben genannten Punkte sind meine eigene spekulative Meinung und stellen nicht zwingend Fakten dar. Es kann gut sein, dass ich mit verschiedensten Annahmen und Schlussfolgerungen falsch liege.«

Dieser Umstand betrifft dabei nicht nur Solana, so gibt es Krypto-weit nach wie vor kein einheitliches und wissenschaftlich fundiertes Raster an Metriken, nach denen Kryptowährungen treffend fundamental bewertet werden können. Selbst die bisher oft herangezogenen Metriken wie Nutzeraktivität und Transaktionsvolumen können, wie am Beispiel von Solana deutlich wird, nicht treffend etwas über die Aktivitäten auf einer Blockchain aussagen und zu einfach geschönt und manipuliert werden.

Der Krypto-Sektor ist noch immer ein junger Markt und dementsprechend ist es aus unserer Sicht zu früh, irgendwelche Gewinner oder Verlierer ausfindig zu machen. Auch ist es zu früh, Solana jetzt bereits abzuschreiben, auch wenn die Kritik an vorherrschenden zweifelhaften Praktiken im Netzwerk zurecht lauter wird.