Die längst vermutete Entwicklung hat sich nun bewahrheitet: Das Celsius Network meldet Insolvenz an, obwohl man zuvor durch die Rückzahlung übersicherter Kredite eine ganze Milliarde US-Dollar zurückgewinnen konnte. Welche Auswirkungen hat die Insolvenz von Celsius für Kunden?

Welche Auswirkungen die Celsius Insolvenz hat, erklärt Bitcoin2Go Gründer Mirco Recksiek

Celsius Network: Insider offenbart Bankrotterklärung und Insolvenz

Bereits Ende Juni erklärte Celsius, über einen offiziellen Insolvenzantrag nachzudenken. Um vorschnelles Handeln zu vermeiden, führte man mit Wirtschaftsberatern Gespräche über die Situation des Unternehmens.

In der vergangenen Nacht berichtet CNBC über eine seitens des Celsius Network eingereichte Insolvenzanmeldung und stützt sich dabei auf die Aussage eines unbekannten Informanten.

Demzufolge meldeten die Anwälte des Krypto-Lending-Dienstes Celsius am gestrigen Abend erstmals offiziell die Insolvenz des Unternehmens bei den Behörden der USA an.

Die Identität des Informanten bleibt geheim. Es handele sich schließlich um Informationen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind.

Besteht Celsius nach der Insolvenz fort?

Eine Pressemitteilung, die am gestrigen Abend von den Wirtschaftsberatern der C Street Gruppe herausgegeben wurde, bestätigt die Behauptungen des Insiders. C Street arbeitet mit Celsius zusammen.

In der Mitteilung erklärt man: Celsius besteht auch weiterhin fort und beendet seine Geschäftsaktivitäten nicht. Der Insolvenzantrag sei lediglich notwendig, um eine Restrukturierung des Unternehmens vornehmen zu können.

Dies ist die richtige Entscheidung für unsere Gemeinschaft und unser Unternehmen, sagt Geschäftsführer Alex Mashinsky. Erst eine offizielle Insolvenz könne helfen, den Betrieb zu stabilisieren.

Ich bin zuversichtlich, dass wir, wenn wir auf die Geschichte von Celsius zurückblicken, dies als einen entscheidenden Moment betrachten, in dem wir mit Entschlossenheit und Zuversicht gehandelt haben, um der Nutzergemeinschaft zu dienen und die Zukunft des Unternehmens zu stärken.

Gerade verfüge Celsius über 167 Millionen US-Dollar. Nach eigener Einschätzung ist das genügend Liquidität, um das Unternehmen aus der Misere zu hieven.

Celsius löst DeFi-Kredite auf, erhält eine Milliarde US-Dollar

Jüngst löste Celsius übersicherte Kredite auf den DeFi-Plattformen Maker, Aave und Compound auf. Dafür zahlte man umgerechnet rund 500 Millionen US-Dollar zurück. Die Kredite enthielten über eine Milliarde US-Dollar in verschiedenen Kryptowährungen – vor allem Wrapped Bitcoin und Ethereum.

Durch die Rückzahlungen erlangte man zuletzt also Zugriff auf Kryptos im Wert von mehr als einer Milliarde US-Dollar. Dennoch folgt danach die Anmeldung eines Insolvenzverfahrens für Celsius.

Diese Gelder müssen jedoch nicht bereits nach wenigen Tagen verschwunden sein. Celsius bezeichnet seine 167 Millionen US-Dollar an verfügbarer Liquidität konkret als “Cash”. Krypto-Anlagen sind höchstwahrscheinlich kein Teil dessen.

Celsius: 143 Mio. Kredit-Rückzahlung an Maker vermeidet Liquidierung
Celsius überrascht mit Kredit-Rückzahlungen an Maker, um eine mögliche Liquidierung zu vermeiden. Eine Besserung scheint jedoch weit entfernt.

Wieso ist Celsius insolvent?

Während stark fallender Krypto-Kurse stoppte Celsius die Auszahlung der angelegten Gelder an seine Kunden. Der Betrieb erklärte die “extreme Marktsituation” für schuldig. Bereits damals erhoben Insider Vorwürfe.

Sie behaupteten, Celsius vergebe nicht nur wie versprochen Kredite, sondern spekuliere obendrein mit den Wertanlagen. US-Behörden kamen mittlerweile zu dem Ergebnis, dass diese Behauptungen der Wahrheit entsprechen.

Sechs verschiedene US-Bundesstaaten ermitteln wegen dieser Vorwürfe gegen den Krypto-Lender Celsius.

Die Kunden von Celsius erhielten keine notwendigen Informationen über die Finanzlage, die Investitionstätigkeit, die Risikofaktoren und die Fähigkeit des Unternehmens, seinen Verpflichtungen gegenüber Anlegern und anderen Gläubigern nachzukommen.

Sagen Finanzbehörden von Vermont. Die noch vorhandenen Wertanlagen seien wohl unzureichend, um alle Gläubiger vollständig auszuzahlen. Die Verpflichtung zu entsprechenden Erklärungen habe möglicherweise bestanden, denn:

Celsius setzte Kundengelder in einer Vielzahl von riskanten und illiquiden Investments, im Krypto-Trading und in Kreditgeschäften ein.

Mit 3AC stürzte neben Celsius auch ein Krypto-Hedgefonds durch Fehlspekulationen ein, der die Krypto-Börse Voyager und den Lending-Dienst BlockFi mit in den Untergang riss.

Jason Stone, früherer Investmentmanager bei Celsius, klagt seinen ehemaligen Arbeitgeber unter Betrugsvorwürfen an. Er behauptet zudem, Alex Mashinsky habe sich auf Kosten der Kunden enorm bereichert.

Was bedeutet das für Celsius Kunden?

Mehr als 100.000 Personen und Betriebe statteten Celsius mit Kryptowährungen aus. Darunter finden sich auch bekannte Namen wie etwa Alameda Research als Unternehmen des FTX-Geschäftsführer Sam Bankman-Fried.

Es stattete Celsius mit einem Kredit von zwölf Millionen US-Dollar aus. Der wohl größte Gläubiger ist der auf den Kaimaninseln ansässige Pharo Trading Fund, der bei Celsius ganze 81 Millionen US-Dollar anlegte.

Adam Levitin, Jura-Professor in Georgetown, ist sicher, dass die verschiedenen Gläubiger nur einen Bruchteil ihres Geldes zurückbekommen werden – und selbst das könne Jahre dauern.

Möglich ist allerdings auch, dass eine Rückzahlung an Anleger überhaupt nicht stattfindet, sofern die Justiz die Kundengelder als rechtmäßiges Eigentum von Celsius betrachtet. So sagte Levin:

Die Behandlung scheint hier so zu sein, dass die Kryptowährung des Kunden eigentlich Eigentum des Unternehmens ist, und als ungesicherter Gläubiger bekommt man seine Bitcoin nicht zurück.

Update: So perfide täuschte der Krypto-Lender seine Kunden

Der Aufstieg und Niedergang von Celsius gehört zu den dunkelsten Kapiteln der Krypto-Szene, doch dieses nimmt einfach kein Ende. Nun wird offenkundig, wie perfide der Lending-Dienst seine Kunden täuschte.

Celsius: Krypto-Versicherung existierte nie

Krypto-Lending beruht wesentlich auf dem Vertrauen der Nutzer gegenüber der jeweiligen Plattform. Viele Personen legen ihre Kryptowährungen daher im DeFi-Bereich an und hoffen so, die Schwachstelle zentraler Kontrolleure zu umgehen.

Durch den Bärenmarkt von 2022 rutschte Celsius spätestens im Juni in die Insolvenz. Bis dahin stellte man sich öffentlich gern als Kämpfer gegen die heimtückischen Banken dar. Besonders seit im August bekannt wurde, dass das Unternehmen im Juni offiziell einen Insolvenzantrag stellte, kommen dunkle Tatsachen ans Licht.

So wurde etwa gewiss, dass Celsius einen Großteil der Kundengelder nicht verlieh, sondern mit diesen am Kryptomarkt spekulierte. Während des Bärenmarkts kamen so Millionen an Verlusten zustande.

Im Austausch mit US-Regulatoren fragte Celsius jene nach der Möglichkeit, bereits ausgezahlte Kundengelder nachträglich zu beschlagnahmen, um das Finanzdefizit auszugleichen.

All das wirkte bereits als vorzügliche Werbung für DeFi-Protokolle wie Aave, doch es kommt noch härter. Um das Vertrauen der Kunden zu erlangen, versprach Celsius seinen Kunden, mit einer Versicherung zu kooperieren.

⚠️
Ganze 750 Millionen US-Dollar der Kryptoanlagen seien demnach versichert. Nun stellt sich heraus: diese Versicherung ist schlichtweg erlogen. Das berichtet Finance Feeds und beruft sich dabei auf die Aussagen von Jonathan Levy, der geprellte Celsius-Klienten vor Gericht vertritt.
Eine solche Versicherung besteht nicht. In den Nutzungsbedingungen von Celsius selbst steht im Kleingedruckten geschrieben, dass keine Versicherung besteht.

Die gleiche Täuschung wendete man auch bei Tochtergesellschaft GK8 an. Levy führt aus:

Dennoch behaupten Celsius und GK8 fett gedruckt, dass eine Versicherung besteht. Es handelt sich um eine vorsätzliche Täuschung zur Unterstützung eines milliardenschweren Wertpapierangebots.

Celsius-Betrugsvorwürfe im Detail

Wirft man einen Blick auf die Webpräsenz von Celsius, so fällt die von Levy angesprochene fettgedruckte Schrift nicht ins Auge. Tatsächlich ist sie mittlerweile verschwunden. Ein Vergleich mit früheren Versionen zeigt jedoch, dass sie bis zum Juni tatsächlich existierte.

Celsius Versicherung
Das Banner auf der Frontseite von Celsius verspricht bis Juni eine Versicherung
Celsius Webseite ohne Versicherung
Die aktuelle Version der Celsius-Webseite. Eine Versicherung verspricht man nicht mehr.

Celsius behauptete, Geschäftspartner Fireblocks diene als Versicherung. Ein Sprecher des Unternehmens stellte klar, dass man lediglich Software bereitstelle und selbst versichert für den Fall sei, dass es zu Datenlecks kommt.

GK8 als Celsius-Tochter behauptete, über eine Versicherung in Höhe von 500 Millionen US-Dollar zu verfügen. Als Versicherer wirke AON. Anwalt Levy ist sicher, dass auch diese Behauptung bald als Lüge enttarnt wird.

Levy erwähnt, dass die Darstellung einer Versicherung ebenfalls den Verdacht des Betruges erhärte, wenn diese in Wahrheit nur zum Schutz gegen Datenlecks dient und nicht für den Verlust von Kryptowährungen.

Der Anwalt mit Sitz in London fordert von der EU eine Art Steuer auf Krypto-Transaktionen, die in einem Ausgleichsfonds gesammelt werden sollen, um Opfer von Krypto-Betrug zu entschädigen. Auf jeden vollen Euro entfallen dann 0,0001 Euro an Gebühren.

Geschäftsführer Alex Mashinsky leitete Trading seit Januar

Bekannt ist dank eines Berichts der Financial Times inzwischen auch, dass Celsius-Geschäftsführer Alex Mashinsky seit Januar selbst die Hauptrolle beim Trading übernahm.

Im November 2021 begann der Bärenmarkt, durch den Celsius bereits Kursverluste hinnehmen musste. Anfang des Jahres befürchtete Mashinsky steigende Leitzinsen und dadurch weiterhin fallende Kurse.

Mit dieser Einschätzung lag er zwar richtig, doch Mashinsky erwirtschaftete trotzdem Verluste. Zugleich überwarf er sich mit Investmentmanager Frank van Etten, der das Unternehmen daraufhin im Februar verließ.

Van Etten kritisiert Celsius seither öffentlich. Ob Mashinskys Eingriff die Lage am Ende verbesserte oder verschlimmerte, ist ungewiss. Sicher ist jedoch, dass sein Unternehmen Insolvenz mit einem Defizit in Höhe von 1,2 Milliarden US-Dollar anmeldete.

Krypto-Börsen Vergleich » Top 15 Anbieter im Test (2022)
In unserem Vergleich zeigen wir dir die 15 besten Krypto-Börsen 2022. Nutze unsere Filter und finde den besten Anbieter für deine individuellen Ziele.
In unserem Vergleich findest Du 15 seriöse und sichere Krypto-Börsen für den Handel mit Bitcoin und Co.

Häufige Fragen (FAQ) zur Celsius Insolvenz

In diesem Abschnitt geben wir Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Insolvenzverfahren des Krypto-Lenders Celsius ein.

  • Ist Celsius insolvent?

    Ein anonymer Informant meldete, dass Celsius am 13. Juli offiziell einen Insolvenzantrag stellte.
  • Erhalten Celsius Kunden ihre Gelder nach der Insolvenz zurück?

    Jura-Professor Adam Levitin erwartet nicht, dass Kunden ihre Gelder zurückerhalten. Bei der Celsius Insolvenz werden zunächst vorrangige Gläubiger bedient. Falls Kunden ihre Einlagen zurückerhalten, wird Celsius mit hoher Wahrscheinlichkeit nur einen Bruchteil zurückzahlen können.
  • Welche Gründe gibt es für die Insolvenz von Celsius?

    Nach Vorwürfen und Untersuchungen der US-Aufsichtsbehörden hat Celsius mit Kundengeldern am Kryptomarkt spekuliert. Die Kurseinbrüche am Kryptomarkt haben zur einer Liquidierung dieser Gelder geführt.