Abgeordnete zweier EU-Ausschüsse stimmten gestern über den einschneidenden Erlass Transfer of Funds Regulation (TFR) ab. Es kam wie erwartet: Tatsächlich verabschiedete das EU-Parlament die umstrittene Bestimmung, die Kryptowährungen nachhaltig schwächen soll und ebnet damit den Weg für eine zunehmende Krypto-Zensur.

Besondere Bekanntheit erlangte TFR für den Versuch, Non Custodial Wallets praktisch zu verbieten. In welchem Ausmaß kann diese Bestrebung gelingen und was bedeutet das für die Zukunft des Krypto-Space?

Transfer of Funds Regulation: EU-Abgeordnete stimmen für Krypto-Zensur

Erst gestern berichtete Bitcoin2Go über die umstrittene Gesetzesänderung. Es handelt sich dabei um einen von mehreren Versuchen der EU, Kryptowährungen einzudämmen. Ein ähnlicher Versuch scheiterte Mitte März. Damals wollten einige Abgeordnete Proof of Work Algorithmen verbieten.

EU überwacht Krypto: Folgt ein Verbot von non-custodial Wallets?
Die überaus strenge Travel Rule wird schon bald zum Standard in der Kryptobranche. Der EU genügt diese Regel jedoch nicht. Mit der TFR verbietet sie praktisch sogar non-custodial Wallets.

Das Verbot von PoW scheiterte. Die neueste Abstimmung über die TFR sieht eine weitreichende Überwachung von Kryptowährungen vor, die durch bestimmte Maßnahmen zumindest zu einer partiellen Zensur führt.

Der Zahlungsanbieter muss innerhalb von drei Tagen folgende Informationen aushändigen: Den Namen des Zahlers und des Empfängers. – Ausschnitt aus der Gesetzesänderung (Artikel 5, Absatz 2)

Patrick Hansen, der sich eingehend mit den Krypto-Regularien der EU beschäftigt, vermutete von Beginn an, dass die erfolgreiche Verabschiedung der neuen Bestimmung wahrscheinlich ist und leider behielt er damit recht.

Gestern stimmten die EU-Ausschüsse ECON (Wirtschaft) und LIBE (bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres) über die Veränderung der Transfer of Funds Regulation ab. In den ersten Abstimmungen lehnten folgende Fraktionen den Vorschlag ab:

Christdemokraten, Konservative und Reformer, Identität und Demokratie. Hinzu kommen mehrere Fraktionslose sowie liberale Politiker der Fraktion Europa erneuern und mit Patrick Breyer ein Politiker der Grünen. Die Gegenstimme zur zunehmenden Überwachung von Kryptowährungen kommt somit hauptsächlich aus dem konservativen/rechten Spektrum.

Wenige Personen aus der Fraktionen Identität und Demokratie, Grüne und ein fraktionsloser Politiker enthielten ihre Stimme.

Für den Erlass stimmten von Beginn an hingegen die grüne und linke Fraktion, die Mehrheit der liberalen Europa erneuern, Sozialdemokraten und vereinzelte Politiker der Fraktionen Identität und Demokratie und Konservative und Reformer.

Die ersten Abstimmungen fielen mit knapp 60 Für- und 50 Gegenstimmen einigermaßen knapp aus. Die finale Abstimmung war hingegen eindeutig. Dort trafen lediglich 14 Gegenstimmen und 14 Enthaltungen auf 93 Zustimmungen.

Es waren hauptsächlich die Christdemokraten, die zur letzten Abstimmung ihre Position wandelten. Laut Hansen wollten diese Politiker den Abstimmungsprozess nicht unnötig in die Länge ziehen und stimmten deshalb schließlich für den Erlass. Politiker aus dem rechten Spektrum enthielten hingegen ihre Stimme oder lehnten den Vorschlag weiterhin ab.

Ungewöhnliche Kooperation macht TFR-Bestimmung möglich

Besonders interessant ist, dass der Gesetzesvorschlag durch die Zusammenarbeit zwischen Assita Kanko und Ernest Urtasun entstand. Während Urtasun als grüner Politiker eine repräsentative Rolle für seine Fraktion vertritt, nimmt Kanko als Mitglied der rechten Fraktion Konservative und Reformer (EKR) eine Sonderrolle ein.

Mitgliedsparteien der Fraktion sind beispielsweise die Alternative für Deutschland und mit Bulgarien ohne Zensur sogar eine Partei, die sich die Ablehnung der Zensur auf die Fahne schreibt. Als einzige Politikerin der Fraktion EKR brachte Kanko den Vorschlag ein und stimmte für seinen Erfolg ab.

Ist das nun ein komplettes Wallet Verbot in der EU?

Die TFR wird zusammenfassend häufig als praktisches Verbot von Non Custodial Wallets bezeichnet. Da man Dienstleister wie Krypto-Börsen dazu zwingen will, Auszahlungen auf Wallets nur dann zu tätigen, wenn diese eindeutig identifiziert sind, kommt die TFR einem praktischen Verbot von Non Custodial Wallets gleich, weil deren Identifizierung nicht möglich ist.

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Die TFR spricht jedoch an keiner Stelle von einem formellen Verbot bestimmter Wallets. Das bedeutet, dass sie sowohl in digitaler als auch in physischer Form weiterhin erlaubt sind. Selbst ein formelles Verbot könnte ihre Nutzung aber niemals vollumfänglich vermeiden.

Zudem lassen sich die überbordenden Maßnahmen der EU für Krypto-Nutzer sogar auf legalem Wege vermeiden. In einer Pressemitteilung des EU-Parlaments heißt es, das Ziel der TFR sei die Überwachung von Transaktionen, um illegalen Geldtransfer zu stoppen, aber:

Die Vorschriften gelten nicht für Überweisungen von Person zu Person, die ohne Anbieter wie Handelsplattformen durchgeführt werden, oder zwischen Anbietern, die in ihrem eigenen Namen handeln.

Die EU gibt also selbst den Hinweis darauf, dass Peer-to-Peer-Plattformen wie Agoradesk oder Paxful nicht von der TFR betroffen sind. Für den Nutzer bleiben Transaktionen auf beliebige Wallets ohne Identifizierung also weiterhin auf legalem Wege möglich.

TFR schwächt hauptsächlich europäische Krypto-Industrie

Nach einer Einschätzung vom Hardware Wallet-Hersteller Ledger trifft die TFR hauptsächlich die europäische Krypto-Industrie und viel weniger die Endverbraucher. Der Aufwand für Firmen steige durch die neuen Regularien enorm.

Für Krypto-Unternehmen bedeute das ein deutlicher Mehraufwand. Kleine und aufsteigende Unternehmen würden sich Problemen der Machbarkeit ausgesetzt sehen und müssten daher ungewollt ihr Angebot einschränken.

Im internationalen Vergleich entstehe so ein eindeutiger Nachteil für europäische Firmen, die gegenüber amerikanischen und asiatischen Firmen benachteiligt würden.

Während die erhoffte Überwachung von Krypto-Nutzern in der Praxis nicht erfolgen kann, entstehen auch für sie Risiken, sofern sie sich den neuen Regularien beugen.

Etwa sinke die Attraktivität großer und vertrauenswürdiger Firmen und das Publikum würde zu alternativen Anbietern gelenkt, die womöglich schlechtere Dienste erweisen.

Gleichzeitig entstehen durch die enorme Sammlung von Daten große Ziele für Hacker, wodurch auch dritte Parteien an die Informationen gelangen und diese ausnutzen können.

Welches Ziel verfolgt die Transfer of Funds Regulation?

Urtasun und Kanko, welche die Gesetzesänderung entworfen haben, schätzen die Lage umgekehrt zu den Branchenexperten von Ledger ein.

Kriminelle blühen dort auf, wo Vorschriften Vertraulichkeit, Geheimhaltung und Anonymität zulassen. Mit diesem Vorschlag wird die EU diese Lücke schließen.

Sagt Urtasun zur neuen Vorschrift. Anonymität, die durch Kryptowährungen möglich ist, lasse kriminelle Aktivitäten wie Geldwäsche zu, die es zu vermeiden gilt. Urtasuns Einschätzung ist wenig überraschend.

Viel zu oft hörte man ähnliche Kommentare über die vergangenen Jahre, die im Endeffekt immer den Kontrollverlust über Währungen seitens Behörden repräsentieren.

Der Kommentar seiner Kollegin Kanko klingt hingegen ziemlich ironisch. Sie hält die Maßnahme für den richtigen Schritt, um für mehr Vertrauen in der Kryptobranche zu sorgen und die Bürger dadurch zu schützen.

Wir sollten die sichere und korrekte Nutzung von Kryptowährungen durch Menschen mit gutem Willen erleichtern, [...] aber wir versuchen auch, die wachsende Kryptowelt zu normalisieren und Regeln einzuführen, die Vertrauen schaffen.

Einzelheiten zur TFR werden in kommenden Abstimmungen festgelegt. Noch im April sollen die nötigen Details geklärt sein. Dann steht auch fest, ab wann die neue Vorschrift gültig ist. Alle Details zur TFR findest du hier.

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