Der Netzwerkeffekt wird häufig als ausschlaggebender Faktor für den Erfolg digitaler Technologien und Plattform gesehen. Soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram und Streamingdienste wie Netflix und Spotify sind nur einige der Profiteure des Netzwerkeffektes.
Auch bei Bitcoin spielt der Netzwerkeffekt eine wesentlich Rolle und erklärt weshalb Bitcoin und andere „early mover“ wie Ethereum einen großen Vorteil gegenüber vielen anderen Kryptowährungen haben.
Doch lässt sich der Netzwerkeffekt bei Bitcoin & Co. wirklich feststellen? Trifft das sogenannte Metcalfesche Gesetz auch auf das Bitcoin Netzwerk zu? Steigt der Wert des Netzwerks proportional zu dessen Nutzerzahl?
Das Metcalfesche Gesetz und der Netzwerkeffekt
Bevor wir ans Eingemachte gehen, frischen wir ein bisschen die Basics zum Netzwerkeffekt auf. Die Grundlage des großen Erfolgs von digitalen Technologien wie Google, Facebook oder anderen Kommunikationsnetzwerken ist das exponentielle bzw. quadratische Wachstum.
Googles Suchalgorithmus wird beispielsweise mit jeder Suchanfrage besser und der Wert eines sozialen Netzwerks steigt mit der Anzahl seiner Nutzer massiv an.
Das ganze basiert auf der Idee der Netzwerkeffekte und dem Metcalfeschen Gesetz. Dieses beruht ursprünglich auf Computer- bzw. Telefonnetzwerken und lässt sich auf die digitalen Technologien der Neuzeit erweitern. Dies ist möglich, da sie alle auf ein und derselben Sache beruhen: Dem Netzwerk Internet.
Das Metcalfesche Gesetz besagt nun, dass ein Netzwerk bzw. dessen Nutzen im Quadrat zu dessen Knoten oder Nutzern wächst. Mit dem Nutzen steigt auch dessen Wert. Dieses Gesetz bezeichnen wir umgangssprachlich auch als Netzwerkeffekt.
Wenn ein Netzwerk also zum Beispiel 20 Verbindungsknoten hat, dann ist seine Reichweite 400 (20*20) Verbindungen und somit deutlich mehr wert als nur 2 Knoten, die nur 4 Verbindungen hätten.
Schauen wir uns zur Veranschaulichung doch einfach diese Grafik an:
Doch gilt diese Faustregel auch wirklich für Kryptowährungen? Steigt der Wert einer Kryptowährung im Quadrat zu dessen Anzahl an Knoten bzw. Nutzern im Netzwerk? Genau das wollen wir herausfinden, unter anderem mit den Daten von IntoTheBlock.
Kryptowährungen und die Netzwerkeffekte
Eine wissenschaftliche Arbeit des Swiss Finance Institute thematisierte das Metcalfesche Gesetz und die Frage, ob es auf die Bitcoin Blockchain anwendbar ist. Es stellte sich heraus, dass der Wert von Bitcoin, anstatt den ursprünglichen Metcalfe-Exponenten von 2 zu haben, proportional zu einem Exponenten von 1,69 der Anzahl seiner Benutzer zu sein schien (Wheatly et al., 2018).
Kurzum: Der Wert der Bitcoin Blockchain steigt nicht proportional zum Quadrat, sondern mit der Potenz von 1,69 zu der Anzahl seiner Nutzer bzw. Knoten. Dies ist auch nicht zwingend verwunderlich, da das ursprünglich Gesetz von der vollen Konnektivität zwischen allen Benutzern ausgeht. Dies trifft nicht auf das Bitcoin Netzwerk zu und passt somit zu den bisherigen Annahmen.
Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen Kryptowährungen und Netzwerkeffekten in traditionellen digitalen Technologien ist die Definition eines Benutzers.
Während Facebook die Anzahl der Benutzer leicht identifizieren kann, ist dies bei einer Blockchain aufgrund ihres pseudonymen Charakters viel schwieriger (wenn nicht gar unmöglich). Benutzer werden hier nämlich durch digitale Schlüssel identifiziert und nicht durch Personen.
So kann eine Person beispielsweise mehrere digitale Schlüssel haben und nutzen. Genau dasselbe gilt auch andersherum, denn mehrere Personen können über Multi-Sig-Verfahren auch nur eine Adresse verwalten.
Beides macht es nahezu unmöglich eine konkrete Aussage darüber zu treffen, wie viele aktive Nutzer (Personen) es tatsächlich im Bitcoin oder Ethereum Netzwerk gibt. Trotz dieser Einschränkungen ist die Anzahl der Adressen derzeit die beste Annäherung an die Benutzerzahlen für Kryptonetzwerke.
Lesetipp: Kann Bitcoin (BTC) verboten werden? 5 Gründe gegen ein Bitcoin Verbot
Die Netzwerkeffekte von Bitcoin
Genug der Theorie. Schauen wir nun anhand der On-Chain Daten von IntoTheBlock auf die Fakten und bewerten den Netzwerkeffekt von Bitcoin.
Dafür schauen wir uns zuerst das Wachstum der Gesamtadressen an. Die Gesamtzahl der erstellten Adressen ist im Laufe der Zeit ständig gewachsen und nähert sich der 700 Millionen Marke. Die überwiegende Mehrheit dieser Adressen weist jedoch einen Saldo von Null Bitcoin auf, wie aus der nachstehenden Grafik ersichtlich ist:
Dies lässt sich leicht erklären, denn viele Adressen werden teilweise nur einmalig zum Wertaustausch oder zur Aufbewahrung verwendet. Zudem werden vermehrt Bitcoin Mixer eingesetzt, um die Herkunft von Bitcoins zu verschleiern.
Einige nutzen Bitcoin als Wertaufbewahrungsmittel (Store of Value) in der Hoffnung und Erwartung, dass es seinen Wert gegenüber Fiat-Währungen beibehält bzw. auch steigern kann.
Andere wiederum nutzen Bitcoin aktiv als Tauschmittel und ziehen den Wert daher aus dem Kauf oder Verkauf von Waren oder Dienstleistungen. Insofern ist in jedem Fall die Anzahl an leeren Bitcoin Adressen für den Wert des Netzwerks zu vernachlässigen.
Wir fokussieren uns also weiter auf die Adressen mit einem positiven Saldo, um eine bessere Annäherung an die Netzwerkeffekte von Bitcoin zu bekommen.
BTC Adressen und der Kurs
Wenn wir uns nun die Anzahl an Bitcoin Adressen mit einem positiven Saldo herausnehmen, sehen wir, dass wir heute auf einem weitaus höheren Stand sind, als beim bisherigen Punkt und der Blase von 2017.
Ein Blick auf die Grafik zeigt deutlich, dass die Anzahl an BTC Adressen mit einem positiven Saldo sich analog zum Bitcoin Kurs bewegt. Es zeigt sich jedoch auch, dass die Nutzung immer resistenter gegenüber Schwankungen im Kurs zu sein scheint und stetig zunimmt. Was wir hier allerdings immer noch nicht mit Sicherheit sagen können, ist die Antwort auf die Frage: „Wie viele dieser Adressen nutzen das BTC Netzwerk tatsächlich aktiv?“
Schauen wir dafür nochmal ein wenig tiefer in die On-Chain Daten.
Die Anzahl aktiver Bitcoin Adressen & die Bewertung von BTC
Im Durchschnitt haben in der letzten Woche rund eine Million Adressen das BTC Netzwerk täglich genutzt. Hier ist die Korrelation zum Bitcoin Kurs sogar noch viel deutlicher zu erkennen:
Die Grafik oben zeigt uns den täglichen Durchschnitt genutzter, also aktiver Adressen. Die beiden Höhepunkte der Nutzung stellen auch die bisher höchsten Preisphasen von Bitcoin dar. Die Peaks sind somit im Dezember 2017 und Juni 2019.
Und jetzt wird es interessant, denn diese Erkenntnis und Grafik kann uns helfen, zu erkennen, wann der Bitcoin Kurs basierend auf dem Metcalfeschen Gesetz unter- bzw. überbewertet ist. Aus einer anderen Perspektive betrachtet, kann das Verhältnis der aktiven Adressen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Adressen mit einem Saldo auch dazu beitragen, das Verhältnis zwischen der Bewertung von Bitcoin und seinen aktiven Teilnehmern darzustellen.
Während das Verhältnis von aktiven Adressen zu Adressen mit einem Saldo abnimmt, zeigen sich bei neuen Preis-Höhepunkten klare Spitzen. Dadurch lassen sich Bewegungen im Bitcoin Kurs vorher und nachher deutlich besser analysieren und zeigen, dass der Wert von Bitcoin durchaus mit der Anzahl an aktiver Adressen zunimmt. Wenn auch nicht im Quadrat, sondern in einem kleineren Rahmen.
Ethereum und der Netzwerkeffekt
Wollen wir zum Abschluss noch das Ethereum Netzwerk anschauen und die Theorie unter Umständen verfestigen. Ein Blick auf die Anzahl an Adressen mit einem positiven Saldo zeigt den deutlichen Unterschied in der Anwendung zwischen Bitcoin und Ethereum. Denn die Zahl an Adressen mit ETH ist nicht gesunken nach der Blase von 2017 und hat sogar die von Bitcoin übertroffen.
Den Grund hierfür finden wir in der Nutzung der beiden Blockchains. Während Bitcoin als Wertspeicher und Tauschmittel dient, wird Ethereum aktiv für dezentrale Applikationen und Anwendungen auf der ETH Blockchain verwendet. Dazu gleich mehr.
Aktive Ethereum Adressen und der Preis
Während Ethereum mit der Gesamtzahl von Adressen mit Guthaben Bitcoin übertrifft, scheinen diese dennoch deutlich weniger aktiv zu sein. Im Durchschnitt waren es etwa 380.000 pro Tag in der letzten Woche, während es bei Bitcoin wie gesehen über eine Million aktive Adressen waren.
Der hohe Unterschied ist wohl auf das Bitcoin Halving zurückzuführen, welches es bei Ethereum nicht gibt. Ansonsten zeigen sich bei den aktiven Adressen ähnliche Muster zum ETH Kurs wie bei Bitcoin.
Die Anzahl der täglich aktiven Adressen des Ethereum-Netzwerks steht tendenziell in engem Zusammenhang mit dem Preis von ETH. So ist das Netzwerk auch ausgelegt, denn der Wert von Ethereum ist von den Anwendungen und Nutzern abhängig.
Hier greift der deutliche Unterschied zwischen den beiden Blockchains von Bitcoin und Ethereum. Denn als Smart Contract Plattform mit dezentralen Applikationen kann das Ethereum Netzwerk auch sehr viel stärker vom Netzwerkeffekt profitieren als BTC. Dies ähnelt sehr viel mehr dem klassischen Netzwerkeffekt von digitalen Technologien. Mehr Entwickler = Mehr Anwendungen = Mehr Nutzer.
Dies gilt für alle Smart Contract Plattformen und deutet somit auf eine Bestätigung des Metcalfschen Gesetzes bei Ethereum & Co. hin. Jedoch fehlt es hier an wissenschaftlichen Daten, um den genauen Koeffizienten zu bestimmen.
Fazit: Netzwerkeffekt teilweise vorhanden
Die Studie von IntoTheBlock verdeutlicht, dass auch bei Kryptowährungen das Metcalfesche Gesetz greifen kann. Es gibt Netzwerkeffekte bei Kryptowährungen und das ist nicht wirklich verwunderlich für eine digitale Technologie. Dies deutet darauf hin, dass die Worte von Andreas Antonopoulos zutreffender denn je sind.
Bitcoin und Ethereum können sich nur selbst zerstören.
Der enorme Vorteil der early mover greift auch bei Kryptowährungen und zeigt, dass eine bessere Technologie nicht immer erfolgreicher sein muss. Gerade in Bezug auf die Bewertung von Bitcoin und anderen Kryptowährungen. Obwohl die Kryptonetzwerke noch relativ jung sind, zeichnet sich trotz der ungezügelten Spekulationen in der Branche eine Beziehung zwischen aktiven Benutzern und dem Wert des Netzwerks ab.
Ob sich diese noch weiter verstärken werden, wird sich zeigen. Sollte sich hier jedoch weiterhin ein Zusammenhang erhärten, wäre dies eine weitere Möglichkeit, den „fairen“ Wert einer Kryptowährung zu bestimmen.
Disclaimer: Die hier dargestellten Informationen stellen keine Handelsempfehlung dar und dienen lediglich der Unterstützung eurer eigenen Recherche. Bitte investiert immer mit Bedacht!