• Ethereum bekommt das Problem der hohen Transaktionsgebühren zunehmend in den Griff, doch könnte sich daraus ein anderes Problem ergeben?
  • Wie verschiedene On-Chain-Daten offenbaren, verliert ETH im letzten Monat seinen deflationären Status und ist wieder leicht inflationär.
  • Auch aus Chart-technischer Sicht, könnte sich eine Korrektur anbahnen. So schätzen Analysten die Marktturbulenzen ein.

Ethereum Korrektur auf 2500 US-Dollar?

Der breitere Kryptomarkt schafft es weiterhin keine entscheidenden bullischen Akzente zu setzen. Auch Ethereum kämpft derzeit damit, wichtige Supportzonen zu halten.

Auf Wochenbasis verlor die zweitgrößte Kryptowährung knapp 6 Prozent und ist damit, abgesehen von Dogecoin, der schwächste Performer der Top 10 Kryptowährungen in diesem Zeitraum. Aktuell notiert der Ethereum-Kurs noch bei 2966,84 US-Dollar, sollte die Marke von 2950 unterschritten werden, könnte es jedoch laut verschiedenen Analysten noch einmal deutlich bergab gehen.

ETH/USD Chart der letzten 7 Tage, Quelle: CoinMarketCap
ETH/USD Chart der letzten 7 Tage, Quelle: CoinMarketCap

Laut jüngster Prognose der Kryptoforschungsfirma 10X Research besteht die Sorge, dass Ethereum aufgrund seiner geschwächten Grundlagen auf 2500 USD fallen könnte. Dabei verweisen sie auf die unbeständige Leistung im aktuellen Marktzyklus, eine Abweichung von seiner Rolle als Katalysator für bullische Läufe in früheren Zyklen.

Kryptanium Gründer und CIO Daniel Yan äußerte dazu erst kürzlich eine sehr ähnliche Einschätzung auf X:

»Ethereum: Der weltweit zweitgrößte Token enttäuscht sowohl aus fundamentaler als auch aus technischer Sicht. Der untenstehende Tageschart sieht besonders schwach aus. Wenn 2950 bricht, könnten wir leicht den Bereich von 2500-2600 abrutschen.«

Ethereum technische Analyse von Danial Yan, Quelle: X/@_D_Y_A_N

Wie Yan mit seiner Analyse skizziert, brach Ethereum Anfang Mai bärisch aus seinem aufsteigenden Trendkanal aus. Seit dem schafft es der Kurs nicht zurück in die Formation durchzustoßen. Ganz im Gegenteil scheint sich zusätzlich ein gegenläufiger Trend zu etablieren, den es in den folgenden Tagen für ETH zu stoppen gilt, um einen Absturz Richtung 2500 US-Dollar zu verhindern.

Wie sowohl von 10X Research als auch von Yan betont, sieht nicht nur das Chart-Bild von Ethereum derzeit kritisch aus - auch fundamental präsentiert sich das Netzwerk aktuell geschwächt.

Ethereum seit über einem Monat zunehmend inflationär - Gebühren auf Allzeittief

Lange Zeit wurden die hohen Transaktionskosten auf Ethereum als eines der Hauptprobleme des Netzwerkes angekreidet. Dieses Problem scheint in der aktuellen Phase kein Thema mehr zu sein, stattdessen könnten zu niedrige Transaktionsgebühren nun an den deflationären Eigenschaften von Ethereum rütteln.

Seit der Umstellung von Proof-of-Work auf Proof-of-Stake im Jahr 2022 ist Ethereum zu einem deflationären Vermögenswert geworden. Das gesamte zirkulierende Angebot von Ethereum (ETH) liegt derzeit bei 120.105.358 ETH, was einem Rückgang von 415.680 ETH gegenüber dem Angebot vor der Migration entspricht.

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Grund dafür ist, dass seit der Veränderung fortlaufend ein Teil aller Transaktionsgebühren "verbrannt" werden -> so höher das Transaktionsaufkommen, desto höher auch die Transaktionskosten und damit die Anzahl verbrannter ETH-Token.

In den letzten 30 Tagen hat sich die Angebotsdynamik von Ethereum jedoch verschoben: 35.548,72 ETH wurden verbrannt (aus dem Verkehr gezogen) und 75.072,43 ETH wurden als Block-Belohnungen an Validierer ausgegeben. Das Nettoergebnis ist ein Anstieg des Angebots von 39.523,71 ETH während dieses Zeitraums.

Die Daten von Ultrasound Money zeigen, dass die aktuelle jährliche Inflationsrate von Ethereum, basierend auf der Angebotsveränderung der letzten 30 Tage, etwa 0,4% beträgt. Noch vor einem Monat war diese negativ.

ETH Inflation auf Basis der letzten 30 Tage, Quelle: https://ultrasound.money/
ETH Inflation auf Basis der letzten 30 Tage, Quelle: https://ultrasound.money/

Verglichen mit Bitcoin und auch der Proof-of-Work Variante von Ethereum sind die Inflationszahlen damit immer noch exzellent, aber Marktbeobachter schüren die Angst, dass dies erst der Beginn eines erstarkenden Trends sein könnte.

Betrachten wir zum Beispiel nur die letzte Woche, würde Ethereum schon auf eine jährliche Inflation von knapp 0,58 Prozent kommen.

Die Daten von OKLink zeigen einen kontinuierlichen Rückgang von verbrannten ETH seit März, als durchschnittlich etwa 6.000 ETH pro Tag vernichtet wurden. Seit Anfang Mai wurden täglich nur etwa 900 ETH verbrannt, der niedrigste Durchschnittswert seit dem Update zu Proof-of-Stake.

Ethereum: Angebotsausweitung vs "Burning", Quelle: https://www.oklink.com/
Ethereum: Angebotsausweitung vs "Burning", Quelle: https://www.oklink.com/

Ein ausschlaggebender Faktor für die kürzlichen Entwicklungen der Inflationsdynamik ist dabei das jüngste Dencun-Upgrade des Ethereum-Netzwerks. Dieses sorgte für einen massiven Rückgang der Layer-2-Transaktionsgebühren, wodurch die direkte Nutzung der ETH-Blockchain zunehmend unattraktiver wird.

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Schon jetzt wickeln Layer-2-Lösungen über 80 Prozent aller ETH-Transaktionen ab. Damit sinkt die Netzwerkaktivität auf ETH auf neue Tiefststände und auch die Transaktionsgebühren erreichen mit 5,8 Gwei den niedrigsten Stand jemals.

Obwohl niedrige Transaktionsgebühren generell gute Nachrichten für Ethereum-Nutzer sind, bleibt abzuwarten, wie sich die Dynamik weiterhin auf die Inflation der ETH-Tokens auswirkt.

Einige X-Nutzer aus der Krypto-Community kreideten zudem an, dass die möglichen Auswirkungen des Dencun-Upgrades nicht ausreichend mit der Nutzerbasis diskutiert wurden. So fehlt es Ethereum auch weiterhin an einer dezentralen Entscheidungsfindung, über künftige Entwicklungen.

All der Kritik zum Trotz befindet sich Ethereum nach wie vor in einer dominanten Rolle gegenüber allen anderen Layer1-Lösungen. Sollte der Altcoin-Markt wie erwartet in den kommenden Monaten wieder an Fahrt aufnehmen, dürfte auch ETH zu den Profiteuren gehören und könnte innerhalb kürzester Zeit wieder Deflationär werden.